Der deutsche Para-Athlet Johannes Floors (r.) gewinnt Silber hinter Hunter Woodhall aus den USA.

Leichtathletik bei den Paralympics "Fühlt sich wie Niederlage an" - Floors ärgert sich über Silber

Stand: 06.09.2024 19:57 Uhr

Er wollte Gold, doch Hunter Woodhall war nicht zu schlagen: Johannes Floors hat am Freitag (06.09.2024) bei den Paralympics in Paris über 400 Meter Silber geholt - und war danach von sich selbst enttäuscht.

Der Tokio-Gewinner und Weltrekordler ging das Rennen zwar extrem schnell an, auf der Zielgeraden konnte sich Woodhall aber doch recht deutlich absetzen. Statt um Gold zu kämpfen, ging es für Floors dann darum, seinen zweiten Platz zu verteidigen - und das schaffte er denkbar knapp. Mit 46,90 Sekunden war er 0,01 Sekunden schneller als der drittplatzierte Olivier Hendriks (Niederlande). Woodhall lief in 46,36 Sekunden zum Titelgewinn.

"Im Training war das eine meiner besten Saisons, ich habe mich phänomenal gefühlt - und jetzt fühlt es sich wie eine Niederlage an. Ich kann mich noch gar nicht über Silber freuen. Die Erwartungen waren hoch, aber ich habe in erster Linie mich selbst enttäuscht. Ich habe es nicht gepackt", sagte Floors im Sportschau-Interview.

Familie macht Medaille dann doch "besonders"

Im Vorfeld hatte Floors bereits angekündigt, dass sein Fokus auf den 400 Metern liegt und er dort Gold für sich beanspruche. Und nach seinem vierten Platz über 100 Meter hatte der Prothesensprinter angekündigt, wie er das machen wolle. "Ich will die 400 Meter schnell anlaufen und das Ding dann nach Hause bringen", sagte er. Er ging schnell an, brachte "das Ding" aber nicht nach Hause - und verlor erstmals seit 2017 ein Rennen über 400 Meter.

Etwas Positives konnte Floors dem Abend dann aber doch abgewinnen. "Die Medaille kommt zu den anderen, sie hat einen besonderen Stellenwert. Aber nicht, weil es Silber ist, sondern weil ich sie auf dieser Bahn, in diesem Stadion, vor diesen Fans und meiner Familie, die mir immer den Rücken freigehalten hat, geholt habe", sagte der deutsche Para-Star. "Dass ich den Moment mit ihnen teilen darf, macht diese Medaille so besonders."

Moos und Ave schaffen es in den Endlauf

Erfolgreich waren am späten Abend noch Nele Moos und Lindy Ave im Vorlauf über 400 Meter in der Klasse T38. Ave, Paralympics-Siegerin von Tokio auf dieser Strecke, sicherte sich in 1:01,58 Minuten den dritten Platz. Moos schaffte es nach ihrer Silbermedaille im Weitsprung als eine von zwei Zeitschnellsten (1:01,56 Minuten) ebenfalls ins Finale. Das findet am Samstagabend (07.09.2024) um 21 Uhr statt.

Müller-Rottgardt fehlen 0,09 Sekunden fürs Finale

Kurz nach dem Floors-Rennen ging es auch für Katrin Müller-Rottgardt wieder auf die Bahn. Einen Tag nach ihrer Bronzemedaille gab es für die sehbehinderte Sprinterin allerdings kein Happy End. Über 200 Meter verpasste die 42-Jährige mit einer Zeit von 25,15 Sekunden den Einzug in den Endlauf nur um 0,09 Sekunden - zufrieden war sie dennoch. "Wir sind eine super Zeit gelaufen, der Qualifikationsmodus ist eben enorm hart", sagte Müller-Rottgardt im Sportschau-Interview.

Bei ihrem zweiten Paralympics-Start schaffte es auch die Italienerin Valentina Petrillo nicht ins Finale. Um die Transgender-Athletin hatte es wegen ihrer Teilnahme gerade im Vorfeld der Spiele in Paris große Diskussionen gegeben.

Bensusan verabschiedet sich mit Platz acht

Zuvor hatte Irmgard Bensusan nach Bronze über 200 Meter deutlich die Medaillenränge im 100-Meter-Finale der Klasse T64 verpasst. Mit einer Zeit von 13,31 Sekunden wurde die 33-Jährige beim niederländischen Dreifachsieg - Fleur Jong gewann Gold - Achte. Anhand der Vorleistungen in diesem Jahr war aber schon zu erwarten gewesen, dass es bei der T44-Athletin, die damit einen größeren Behinderungsgrad als alle Kontrahentinnen hat, nicht für die Top-3 reichen würde.

Für Bensusan war es der letzte Start als Para-Leichtathletin. Nach ihrer Teilnahme in Paris beendet sie ihre Karriere und geht zurück in ihre Heimat Südafrika. Vor ihrer Bronzemedaille bei den Paralympics in Paris hatte Bensusan bereits 2021 in Tokio und 2016 in Rio insgesamt dreimal Silber gewonnen. "Schon vor den Paralympics war mein inneres Kind sehr stolz auf mich - und jetzt dürfte es noch stolzer sein", sagte die Sprinterin im Sportschau-Interview.

Wie Bensusan beendete auch Lise Petersen am Freitagabend ihren Wettkampf auf dem achten Platz. Mit einer Weite von 36,62 Metern hatte die 19 Jahre alte Speerwerferin keine Chance auf die Medaillen, warf aber über vier Meter weiter als vor drei Jahren in Tokio.

Roß Letzte im Weitsprung-Finale

Nicht zufrieden war Paralympics-Debütantin Jule Roß mit einer Bestweite von 4,84 Metern im Weitsprung. Damit war der Wettkampf in der Startklasse T47 für sie bereits nach drei Sprüngen beendet. "Ich habe mir das anders vorgestellt, von der Weite her wäre der Endkampf für mich drin gewesen. Nun konzentriere ich mich auf die 200 Meter morgen", sagte die 18-jährige Leverkusenerin, die Elfte wurde.

Die deutsche Leichtathletin Jule Ross beim Weitsprung

Die 18-jährige Jule Roß ist in Paris erstmals bei Paralympics dabei.

Über 400 Meter hatte Roß das Finale erreicht und war Achte geworden, über 100 Meter hatte sie in 12,72 Sekunden eine persönliche Bestzeit aufgestellt.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Paralympics 2024 | 06.09.2024 | 20:15 Uhr